Immer mehr Menschen sagen offen, dass sie lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich, intergeschlechtlich oder queer (LSBTIQ*) sind (Quelle). Das ist ein gutes Zeichen, denn das bedeutet: Immer mehr Menschen fühlen sich frei, so zu leben und zu lieben, wie sie sind. „Queer“ wird dabei oft als Sammelbegriff für diese Gruppe verwendet.
Queere Menschen bilden einen großen Teil unserer Gesellschaft ab. In Deutschland waren das zuletzt rund 9 Millionen Menschen, d. h. rund jede*r Zehnte. Viele Menschen kennen jemanden in ihrem Umfeld, der LSBTIQ* ist, vielleicht ist es der Sohn, die Nachbarin, der Arbeitskollege, die Lehrkraft, ein Mitschüler oder das Enkelkind. Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland akzeptiert LSBTIQ* als gleichwertigen Teil der Gesellschaft und spricht sich für Antidiskriminierung und gleiche Rechte aus. Aber: Noch immer erleben viele LSBTIQ* in Deutschland Anfeindungen bis hin zu Gewalt. Eine aktuelle EU-weite Studie zeigt alarmierende Zahlen:
16 % der Befragten aus Deutschland wurden in den letzten fünf Jahren Opfer von gewaltsamen Übergriffen und 57 % wurden in den 12 Monaten vor der Umfrage beleidigt, diffamiert oder verbal angegriffen. Viele gleichgeschlechtliche Paare vermeiden es, sich öffentlich als Paar zu zeigen und etwa Händchen zu halten (Quelle).
Eine demokratische Gesellschaft darf das nicht zulassen. Hier erfährst du, wie du dich gegen Diskriminierung und für Gleichstellung und Anerkennung von LSBTIQ* einsetzen kannst.
Queer sein steht für mich für die Freiheit so zu leben, wie ich wirklich bin.
Queere Menschen nehmen niemandem etwas weg und wollen die gleichen Dinge wie alle: Liebe, Respekt und die Freiheit authentisch leben zu können.
Ich bin Monique, 55 Jahre alt, gebürtige Wienerin und schon lange zu Hause in Deutschland.
Ich wollte mich in meiner Jugend, so mit 16, nicht als lesbisch bezeichnen. Eine ganze Weile hab ich nur gesagt: „Ich bin halt in eine Frau verliebt…“ Mein Bruder hat damals toll reagiert und mich unterstützt. „Ist doch gut!“ hat er gesagt, „Dann haben wir etwas gemeinsam. Und wer blöd zu dir ist, bekommt es mit mir zu tun.“
Gute Unterstützende hören aktiv zu, reflektieren ihre Privilegien und setzen sich für benachteiligte Gruppen ein, ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Wichtig finde ich auch, dass sie bereit sind zu lernen, dass sie empathisch handeln und ihre Unterstützung nicht nur mit Worten, sondern möglichst auch durch Taten zeigen.
Menschen werden zu Unterstütz­enden, wenn sie uns so akzeptieren, wie wir sind.
Unser Sohn kennt seine Geschichte und stellt unser Familienmodell nicht in Frage. Für ihn geht es darum, geliebt zu werden.
Wir sind Bjoern und Christian und wohnen mit unserem Sohn und unserem Labrador in einem süddeutschen Vorort.
Mit unserem Instagramkanal, unserem Buch und unserem Bühnenprogramm wollen wir das Bild von Regenbogenfamilien in der Gesellschaft präsenter machen. Unser Ziel ist es, Vorurteile abzubauen und uns für Toleranz und Akzeptanz stark zu machen!
Wie wichtig unsere Arbeit für mehr Toleranz ist, zeigt sich leider auch an manchen Reaktionen: Wenn unsere Inhalte viele Klicks bekommen, machen uns die Kommentare der Menschen Angst, die uns beleidigen und uns mit Hass begegnen. Hoffnung geben uns gleichzeitig aber die vielen Menschen, mit denen wir in Workshops arbeiten und vor denen wir Vorträge halten dürfen. Da kommen unglaublich tolle Gespräche zustande.
Offene Queerness fördert die Vielfalt in der Gesellschaft. Wir haben uns 2019 entschieden, mit unserem Thema in die Öffentlichkeit zu treten, um den kommenden Generationen mit Impulsen einen kleinen Mosaikstein mitzugeben. Für uns haben so viele Menschen gekämpft, demonstriert und gelitten, wir möchten auch etwas weitergeben.
Euer queer ist mein normal.
Es gibt nichts Schöneres, als von meinen Mitmenschen gespiegelt zu bekommen, dass es okay ist, dass ich liebe, wen ich lieben will.
Ich bin Tanita und bisexuell. Aufgewachsen bin ich in einer Großstadt und habe schon ziemlich viel von der Welt gesehen.
Heute darf ich mich als queer bezeichnen. Die Reise zu dieser Akzeptanz war aber sehr lang. Ich hatte kein Coming-out im klassischen Sinne. Ich habe irgendwann Gefühle gegenüber Frauen entwickelt und habe dann mit meinen Freund*innen und meiner Mutter gesprochen. Das hat zunächst für ein wenig Verwirrung gesorgt, weil es ja Frauen waren. Aber schlussendlich war es gar kein Problem für meinen sozialen Kreis. Wichtig war für alle nur, dass ich glücklich bin. Darüber bin ich sehr dankbar. Im Alltag unterstützen mich meine Freunde und die queere Community. Hier werde ich akzeptiert und bestärkt. Aber auch mein Tik-Tok Feed, in dem ich mich wiederfinde, bestärkt mich.
Angst macht mir die (politische) Einstellung vieler Menschen und deren Ablehnung einer inklusiven Gesellschaft. Ich wünsche mir weniger Hass, Verschlossenheit und Negativität. Hoffnung gibt mir dagegen queere Sichtbarkeit: Seien es Pride-Flaggen in Geschäften oder auch Sendungen wie Prince oder Princess Charming.
Lasst uns aufhören in Kategorien zu denken. Wir sind alle Menschen.
Seit ich das Leben führe, was zu mir passt und nicht das, was mir aufgezwängt wurde, fühle ich mich endlich frei. Wir sollten uns offener und verständnisvoller gegenübertreten. Das lohnt sich für uns alle.
Mein Name ist Christine Julie-Marie, ich bin 60 Jahre alt und meine große Leidenschaft ist die Musik. Als ich mich als trans* outete, bedeutete das in erster Linie endlich frei von Depressionen und Leistungsdruck zu sein. Gleichzeitig waren die Zeit meines Coming-outs und die darauffolgende Transition auch eine herausfordernde Phase.
Kurze Zeit nach meinem Coming-out bekam ich eine Krebsdiagnose, die mir wieder das Gefühl gab, vor mir selbst und meinem Körper kapitulieren zu müssen. Die Diagnose hat mir aber auch gezeigt, dass ich keine andere Wahl habe, als diesen Schritt der Transition zu gehen. Das hat mich enorm geprägt und ein unglaubliches Gefühl der Freiheit in mir erweckt.
Die Reaktionen auf mein Coming-out waren sehr unterschiedlich. In meinem privaten Umfeld gab es Menschen, die sich von mir distanzierten. Auch die Reaktionen in meinem Arbeitsumfeld – in dem ich immerhin seit vielen Jahrzehnten tätig bin – waren nur sehr schwer zu ertragen. Dennoch gibt es Menschen in meinem Leben, die mir Kraft geben. Besonders zu meiner Tochter habe ich ein sehr liebevolles und achtsames Verhältnis. Sie sagt mir oft, dass ich ihre beste Freundin sei.
Eine Gesellschaft ohne Vielfalt ist für mich wie ein Gemälde ohne Farben.
Ich wünsche mir mehr Akzeptanz für Lebensweisen, die vielleicht nicht deiner Art zu leben entsprechen.
Hi! Ich bin Aylin-Elio, nicht-binär, 27 Jahre alt und bisexuell. Also: Weder mein Geschlecht noch meine Sexualität entsprechen den Erwartungen unserer Gesellschaft.
Meine Kindheit hat mich sehr geprägt. Ich war dieses typische Mädchen, das immer nur in Jungs- Klamotten Fußball gespielt hat und „frech“ war. Im Nachhinein ist mir aufgefallen, wie frei ich dadurch war. Es war mir egal, welches Geschlecht ich hatte. Ich habe als Kind immer das gemacht, worauf ich Lust hatte.
Als ich mich vor meiner Mutter geoutet habe, war ich 14. Ich war nicht so mutig und habe mich unter der Bettdecke versteckt. Ich habe ihr gesagt, dass die Person, die letztens zu Besuch war, nicht irgendeine Freundin war, sondern meine Partnerin. Als ich unter der Bettdecke hervorgeguckt habe, kam meine Mutter zu mir und hat gesagt: „Egal wen du liebst, ich liebe Dich immer.“. Das war sehr schön.
Jeder Mensch ist einzigartig und passt in keine Schublade.
Uns hilft Offenheit: Das kann der Arbeitgeber sein, der offen für das Thema Queerness einsteht, aber auch die Kennzeichnung von sicheren Räumen in der Öffentlichkeit (z.B. mit einer Regenbogenfahne).
Gemeinsam mit meinem Partner Christian mache ich mich auf Instagram und in unserem Bühnenprogramm für Toleranz und Akzeptanz gegenüber Regenbogenfamilien stark.
Mein eigenes Coming-out war von viel Unsicherheit geprägt. Ich war im Ausland, ein Freund von mir war schwul und total unglücklich darüber. Er hatte Angst. Ich habe ganz viel mit ihm geredet und währenddessen festgestellt, dass ich die ganze Zeit über mein eigenes Leben redete. Meinen Eltern habe ich dann einen Brief geschrieben. Sie haben cool reagiert. Dennoch hatte ich Angst, dass ich Ablehnung erlebe.
Trotzdem hatte ich zurück in Deutschland riesige Probleme mit meinen Arbeitskollegen, die mich nach meinem Coming-out mit den schlimmsten Worten beschimpften. Ich dachte, es seien alle Menschen so, weshalb es mir unfassbar schwerfiel, mich nach meinem Auslandsaufenthalt wieder in Deutschland einzuleben.

FAQ

Queer wird zum einen immer öfter als Alternative für LSBTIQ* benutzt. LSBTIQ* ist die Abkürzung für lesbische, schwule, bisexuelle, transgeschlechtliche und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen. Der Stern am Ende ist ein Platzhalter für weitere Selbstbezeichnungen, um auf die Vielfalt von sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten hinzuweisen.
Zum anderen verwenden Menschen "queer" auch als Selbstbezeichnung, weil für sie die Kategorien homo-/bi-/heterosexuell, männlich/weiblich, cis-/transgeschlechtlich, intergeschlechtlich nicht gut passen.
Transgeschlechtlich beschreibt Menschen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Dazu gehören auch nicht binäre Personen. Nicht-binäre Personen identifizieren sich weder ausschließlich als männlich noch als weiblich, sondern außerhalb oder zwischen diesen Geschlechtskategorien. Cisgeschlechtlich bedeutet, dass das bei der Geburt zugewiesene Geschlecht mit dem übereinstimmt, mit dem sich eine Person identifiziert.
Davon zu unterscheiden ist Intergeschlechtlichkeit. Intergeschlechtliche Menschen haben Geschlechtsmerkmale, die sich nicht als eindeutig männlich beziehungsweise weiblich einordnen lassen. Das kann zum Beispiel die Geschlechtsorgane, die Hormonproduktion oder den Chromosomensatz betreffen. Intergeschlechtlichkeit ist folglich ein Überbegriff und nicht unbedingt äußerlich sichtbar.
Die Sichtbarkeit von LSBTIQ* steht in engem Zusammenhang mit demokratischen Werten und Grundrechten. Denn es geht um Würde, um persönliche Entfaltung, um körperliche Unversehrtheit und um Nichtdiskriminierung – um Prinzipien, die für alle Menschen gelten. Jeder Mensch sollte die Freiheit haben, seine Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung offen und sicher zu leben, ohne Diskriminierung oder Ausgrenzung. Denn nur das garantiert echte Anerkennung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.
Die in unserer Gesellschaft verbreiteten Geschlechternormen geben vor, wie Männer und Frauen zu sein haben. Traditionelle Rollenbilder schränken viele Menschen ein und schaffen Hierarchien, die queere Personen abwerten oder tabuisieren. Die Existenz und Sichtbarkeit von LSBTIQ* fordert diese Normen heraus, indem sie aufzeigt, dass Geschlechter, sexuelle Orientierung und Familien vielfältig sind. Sichtbarkeit trägt auch zum Abbau von Vorurteilen bei. Sie stärkt auch die demokratische Idee, dass alle Menschen gleiche Rechte und Würde haben sollten.
Du kannst LSBTIQ* unterstützen, indem du ihnen mit Offenheit und Respekt begegnest, sie anerkennst und ihnen zuhörst. Es ist ein mutiger und wichtiger Schritt, wenn du etwa bei einem abfälligen Kommentar auf der Arbeit nicht einfach weghörst, sondern offen widersprichst und klarstellst, dass du einen solchen Kommentar nicht gut findest. Das zeigt etwa ungeouteten LSBTIQ*, dass du bei einem Coming-out positiv reagieren würdest. Setz dich gegen Diskriminierung ein und informiere dich über die rechtliche Situation und den Alltag von LSBTIQ*, um Vorurteile abzubauen.
Am wichtigsten ist es, die Person so zu akzeptieren wie sie ist, ihr zuzuhören und ihre Bedürfnisse anzuerkennen. Diese können sehr unterschiedlich sein: Manche wünschen sich Zuspruch und freuen sich über Interesse. Frage die Person, wie du sie am besten unterstützen kannst. Manchmal reicht es schon zu sagen: „Danke, dass du mir das erzählst.“
Zeige dem betroffenen Menschen, dass du auf seiner Seite stehst. Eine einfühlsame Äußerung wie „Es tut mir leid, dass das passiert ist“ oder „Ich bin hier, um dich zu unterstützen“ kann viel bewirken. Oute die Person nicht noch bei anderen, indem du den Vorfall weitererzählst. Frage nach, wie die betroffene Person mit der Situation umgehen möchte und respektiere ihre Entscheidung. Vielleicht ist es möglich, mit der Person zu sprechen, die das unfreiwillige Outing verursacht hat und ihr zu erklären, warum dies nicht in Ordnung ist.
LSBTIQ* erleben Anfeindungen und Gewalt häufig aufgrund von Normen, wie Männer und Frauen angeblich sind oder zu sein haben. Es gibt Vorurteile und Stereotype gegenüber all jenen, die diesen Normen nicht entsprechen. 16 % der queeren Menschen aus Deutschland wurden in den letzten fünf Jahren Opfer von gewaltsamen Übergriffen und 57 % wurden in den letzten 12 Monaten beleidigt, diffamiert oder verbal angegriffen.  Jeden Tag werden zudem im Durchschnitt mindestens sechs Angriffe auf LSBTIQ* bei der Polizei registriert.
Queerfeindlichkeit kann sich auf unterschiedliche Weise äußern, z.B. durch Ablehnung, Intoleranz, Vorurteile oder körperliche bzw. psychische Gewalt und kann für die betroffene Person belastend bis gefährlich sein.
Ist eine Person in deinem Umfeld von Queerfeindlichkeit betroffen, unterstützt du sie am besten, indem du für sie da bist und dich nach ihren Bedürfnissen erkundigst. Je nach Vorfall gibt es verschiedene Beratungsstellen, an die man sich wenden kann, z.B. die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und viele weitere lokale Beratungsstellen. Es kann zudem sinnvoll sein, ein klärendes Gespräch oder eine Anzeige bei der Polizei zu begleiten. An erster Stelle sollten in jedem Fall aber die Bedürfnisse der betroffenen Person stehen.
Wird eine queere Person in deiner Anwesenheit Opfer einer gefährlichen Straftat, solltest du die Polizei verständigen und kannst im Fall einer Anzeige als Zeug*in zur Verfügung stehen.
Niemand darf aufgrund von Geschlecht, Herkunft oder aus rassistischen Gründen, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität am Arbeitsplatz oder bei Alltagsgeschäften diskriminiert werden. So regelt es seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Wenn Beschäftigte Diskriminierung erleben, können sie sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden, um rechtlich gegen Diskriminierung im Arbeitsumfeld vorzugehen.
Unternehmen und Organisationen können die Teilhabe von LSBTIQ* aktiv fördern, indem sie eine offene und respektvolle Arbeitskultur schaffen, Schulungen zu Diversität anbieten und klare Anti-Diskriminierungsrichtlinien einführen. Zudem können sie Themen queerer Menschen aktiv sichtbar machen, z. B. durch die Teilnahme an Pride-Events oder indem sie öffentlich gegen Diskriminierung Stellung beziehen.
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann MdB, koordiniert die queerpolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag und setzt sie zusammen mit den beteiligten Bundesminister*innen um. Er war federführend bei der Erstellung des Aktionsplans der Bundesregierung „Queer leben“ und koordiniert seine Umsetzung. Der Queer-Beauftragte ist Ansprechperson für Verbände und Organisationen und fungiert als Bindeglied zwischen der LSBTIQ*-Community und der Regierung. Zu seinen Kernaufgaben gehört es auch, für die Rechte und Anliegen von LSBTIQ* zu sensibilisieren und für ein gesellschaftliches Klima zu werben, in dem Vielfalt geschätzt und geachtet wird.